Darsteller für Züge gesucht:
Voller Terminkalender für Sankt Martin6. November 2019 -
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Sankt Martina statt Sankt Martin: Janine Thommek mit ihrem Haflinger „Merlin“ auf Gut Reuschenberg in Leverkusen. Foto: Endermann, Andreas (end)
Düsseldorf Für die vielen Martinszüge in der Region werden händeringend Darsteller für den Heiligen Martin gesucht. Alina Ziegler aus Erkelenz ist in diesem Jahr allein bei neun Umzügen unterwegs, Janine Thommek aus Leverkusen bei fünf.
Von Christian Schwerdtfeger
Vor drei Jahren liest Alina Ziegler zufällig in einer Ebay-Kleinanzeige, dass ein Seniorenstift in Köln kurzfristig einen St.-Martin-Darsteller sucht. „Ich habe mir gesagt, das kann ich doch machen. Ich habe ein Pferd und Lust dazu“, sagt die 34-Jährige heute. Gesagt, getan. Sie meldet sich in dem Altenheim und wird engagiert. „Den Umhang hat mir dann eine Freundin genäht“, erinnert sie sich. Die anderen Requisiten fanden sich ebenfalls schnell. Und die St.-Martins-Geschichte kannte sie ohnehin auswendig. „Die älteren Menschen haben sich so gefreut, als ich da war. Das war ein wunderschöner Abend“, sagt die Erkelenzerin.
Nach diesem Abend fasst sie den Entschluss, künftig immer den St. Martin oder vielmehr die St. Martina zu spielen. Und sie stellt fest, dass die Nachfrage groß ist. Vielerorts fehlen Darsteller und werden händeringend gesucht. In diesem Jahr tritt Ziegler allein bei neun Umzügen auf – unter anderem in Köln, Mettmann und Mönchengladbach. Grundschulen, Kindergärten und Altenheime fragen bei ihr an. „Es sind mittlerweile so viele geworden, dass ich Absagen erteilen muss, weil es zeitlich nicht zu machen ist“, sagt sie.
Hunderte Umzüge gibt es allein im Rheinland. Die Tradition ist zwischen Rhein- und Eifelvorland so fest verwurzelt, dass sie als immaterielles Kulturerbe des Landes Nordrhein-Westfalen anerkannt worden ist. Die Martinsgeschichte geht auf Martin von Tours zurück. Er wurde um 316 in Savaria in der römischen Provinz Pannonien geboren. Er diente zunächst als römischer Offizier, verstand sich dann aber als Soldat Christi. 372 wurde er zum Bischof von Tours geweiht. Er ist Schutzheiliger der Reisenden, Armen, Bettler, und Soldaten und starb 397. Der Gedenktag des heiligen Martin von Tours ist der 11. November. Der Legende nach begegnete ein Soldat namens Martin an einem Wintertag in Amiens einem armen, unbekleideten Mann. Außer seinen Waffen und seinem Militärmantel trug Martin nichts bei sich. In einer barmherzigen Tat teilte er seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen. In jedem Kirchenjahr ist deshalb der Martinszug eine feste Größe.
In Leverkusen verkleidet sich Janine Thommek als Sankt Martina und steigt für die Kinder auf ihren zehnjährigen Haflinger namens „Merlin“. Auch die 30-Jährige verkörpert den barmherzigen Soldaten auf mehreren Umzügen – in diesem Jahr auf fünf. „Ich bin mit der Tradition groß geworden. Es ist für mich wichtig, sie weiterzugeben an die folgenden Generationen“, erklärt die junge Frau. Privat reitet sie auf Gut Reuschenberg. Dadurch ist sie auch auf die Idee gekommen, den heiligen Martin zu verkörpern. „Hier im Gut machen das nicht nur ich, sondern noch viele andere. Wir haben wirklich viele Anfragen“, sagt sie. Während es vor einigen Jahren noch die Ausnahme gewesen ist, dass eine Frau hoch zu Ross den Martinszug anführt, sei das mittlerweile Normalität, sagt Thommek. „Das machen sogar mehr Frauen als Männer“, sagt sie. Und die Erklärung dafür sei einfach: „Es reiten einfach viel mehr Frauen als Männer“, sagt die Leverkusenerin.